Zufriedene Kinder, entspannter Rücken, freie Hände: Tauche mit uns ein in die bunte Welt des Tragens

Im Frühling und Sommer strahlen sie uns entgegen. Im Winter verstecken sie sich unter warmen Jacken: zufriedene Babys in hübschen Tragetüchern und Tragehilfen. Was vor 20 Jahren noch eine Seltenheit war, erfreut sich heute großer Beliebtheit. Zu Recht, wie wir finden. Aber welche Vorteile hat das Tragen wirklich?

Wenn wir ehrlich sind, tragen wir unsere Kinder sowieso den ganzen Tag. Auf dem Arm, über die Schulter gelegt, auf der Hüfte sitzend. Egal wie wir es tragen, wir geben ihm damit die Nähe und Geborgenheit, die es braucht um in die Welt hineinzuwachsen. Das Tragen befriedigt ein Urbedürfnis des Kindes: engen Körperkontakt. Ohne diesen wäre es früher schlicht erfroren oder gar von einem Säbelzahntiger gefressen worden. Als „Nesthocker“ geboren, sind wir Menschen in den ersten Lebensmonaten abhängig von unseren Bezugspersonen. Sie füttern uns, wärmen uns und helfen uns bei der Fortbewegung. Und weil eben diese Schutzbedürftigkeit noch tief in uns steckt, ist es klar, dass so mancher Säugling lautstark protestiert, wenn er nicht in den Armen seiner Eltern gehalten wird. Doch deren Arme werden gefühlt immer länger, der Nacken verspannt, der Rücken schmerzt.

Abhilfe verschafft ein einfaches Tragetuch. Das Tragetuch wird in einer bestimmten Technik gebunden und unterstützt so das Kind in einer ganz natürlichen Haltung. Wem das Tuchbinden zu aufwändig scheint, kann auf eine Tragehilfe zurückgreifen.

Meine „Küssen“-Regel hilft dir beim sicheren Tragen:

K    wie „Kopf-Kuss-Höhe“: Dein Kind ist vor deinem Bauch so platziert, dass du jederzeit bequem sein Köpfchen küssen kannst. So hast du dein Kind immer gut im Blick.

Ü    wie „überall gut gestützt“: Tuch oder Tragehilfe umschließen dein Kind von den Kniekehlen bis zum Nacken.

S    wie „Spreiz-Anhock-Haltung“: Oder Anhock-Spreizhaltung 😉 Seine Beinchen sind in einer leichten M-Position (Anhock-Spreizhaltung), sein Rücken leicht gerundet. Dies entspricht seiner natürlichen Körperhaltung.

S    wie „straff gebunden“: Das Tuch bzw. die Tragehilfe ist so straff gebunden, dass dein Kind auch beim Schlafen nicht zusammensackt.

E    wie „eine Hand am Kind“: Bis du die letzte Schnalle der Tragehilfe geschlossen hast bzw. das Tuch ausreichend gestrafft ist, hast du immer eine Hand stützend an deinem Kind.

N   wie „natürliche Haltung“: Kontrolliere am Ende noch einmal die Haltung deines Kindes. Angehockte und leicht gespreizte Beine sowie ein sanft gerundeter Rücken sind perfekt.

Egal ob Tuch oder Tragehilfe, passen muss es. Eine Jeans ist schließlich auch nicht bequem, wenn sie kneift oder rutscht. Am besten gönnst du dir eine Trageberatung (im Übrigen auch ein tolles Geschenk zur Geburt!). Unter professioneller Anleitung lernst du das Binden eines Tragetuchs und kannst verschiedene Tragehilfen anprobieren.

Die Geburt eines Kindes verändert uns, macht uns wachsamer und manchmal auch vorsichtiger. Eine Frage, die ständig in unseren Eltern-Köpfen aufploppt: Kann ich meinem Kind damit schaden? Bezogen auf das Tragen können wir ganz klar antworten: Nein! Im Gegenteil: „Richtig“ getragen, nimmt das Kind eine ganz natürliche, physiologische Haltung ein, in der die Ausreifung der Hüfte unterstützt wird. Doch es gibt noch viel mehr Vorteile. Der enge körperliche und emotionale Eltern-Kind-Kontakt legt den Grundstein für eine gesunde psychosoziale Bindung. Es stärkt unser Kind und auch uns Eltern.

Getragene Säuglinge weinen weniger. Über seine Sinne erfährt es ein wahres Frühförderprogramm. Getragene Kinder werden in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung gefördert und erfahren einen bedürfnisorientierten Umgang.

Im Übrigen profitieren auch wir Eltern vom Tragen. Durch den engen Körperkontakt zu unserem Kind erlebt unser Körper einen wahren Oxytocin-Sturm. Das Kuschelhormon, das Bindungshormon. Ihr kennt es ganz sicher. Es leitet die Wehen ein, stimuliert die Milchproduktion. Und es löst in uns ein Gefühl tiefster Verbundenheit. Worauf wartet ihr also noch? Taucht mit uns ein in die wunderbare Welt des Tragens. Genießt die zurückgewonnen (Bewegungs-)Freiheit ohne Kinderwagen, mit freien Händen und einem zufriedenen Baby.

Dass sich das Babytragen heutzutage solch großer Beliebtheit erfreut, hängt einerseits sicher mit modernen Erziehungsansätzen zusammen (Stichwort bedürfnisorientierte Erziehung/Attachment Parenting). Andererseits hält der Markt an Tragetüchern und Tragehilfen für jedes Modeherz etwas bereit. So wir das Tragen teil deines Looks. Und ja, ich gebe es zu. Auch ich kaufte mir lieber ein neues Tragetuch als eine neue Bluse. Letztere hat man ja eh nie gesehen, weil das Kind förmlich auf mir wohnte…

 

Portrait von Anna Schmidt

Gastautorin

Anna Schmidt
Gründerin von deinetrageberatung.de

Anna ist dreifache Mama und Trageberaterin. Ihre Vision: Alles Kinder und ihre Familien sollen vom Babytragen profitieren. Warum? Das erfahrt ihr auf www.deinetrageberatung.de